Lektionen

Freitag, 12. Dezember 2008

"Optische Täuschungen" oder "Sucht hat viele Gesichter"

Seit gestern hat mich irgend so ein grippaler Infekt am Genick.
Da ich heute aber noch fliegen soll, wollte ich das nicht so sein lassen, sondern bin heute früh zur Apotheke gegangen, um mir entsprechende Medikamente zu holen.

Als ich kurz vor 8:00 früh in Anorak und Jeans und mit blassem Gesicht dort eintraf, waren die Tore noch geschlossen.
Dort wartete bereits eine kleine Menschenmenge, die sich offenbar untereinander kannte. Die Gesichter waren müde, der Großteil dieser Menschen wirkte resigniert und ungepflegt. Vielleicht sogar obdachlos. Die Stimmung jedoch war vorfreudig heiter, beinahe aufgekratzt.
Es waren offenbar Suchtkranke, die sich ihre tägliche Ration Ersatzdrogen abholen kamen.

Endlich öffneten sich die Pforten der Apotheke und alle, mit mir mittendrinn, strömten hinein in die helle Wärme.
Wie alle anderen stellte ich mich an der Theke an. Vorne wurden schon emsig Becher mit Flüssigkeit verteilt.
Als ich an der Reihe war und mich nach einem Medikament gegen Erkältung erkkundigen wollte, wurde mir ebenfalls ein Becher in die Hand gedrückt.

Als ich den ablehnte (danke nein, ich benötige andere Medizin), war die Apothekerin sichtlich verlegen und entschuldigte sich bei mir.
Kein Problem, Sie können das ja nicht wissen, meinte ich und verlangte meine Erkältungsmedizin.

Ich gebe aber zu, es war in dem Moment schon ein komisches Gefühl, ihnen einfach so zugeordnet zu werden, den Suchtkranken.

Freitag, 28. November 2008

Unerfüllt.

Meine Mutter war in einer Zeit, in der man noch nicht einfach kurz einmal auf die andere Seite der Welt flog, für 4 Jahre in Australien.
Das war vor ihrer Ehe, Anfang bis Mitte der 50er-Jahre.

In Australien ging es ihr gut, oft sprach sie von ihrer Zeit dort.
Nach der harten Kriegs- und Nachkriegs-Kindheit erschien es ihr wie Urlaub im Schlaraffenland.
Endlich war sie erwachsen, uneingeschränkt, hatte einen Job an der österreichischen Botschaft und ihr ganzes Leben lag verheissungsvoll vor ihr.

Die süssen Früchte, von denen sie jetzt naschen durfte, wollte sie gerne teilen, nämlich mit dem Menschen, der ihr am nächsten stand, mit ihrer Mutter.
Also wollte sie ihr bei ihrer Rückkehr nach Wien etwas besonders Schönes mitbringen.

Während der Heimreise nach Europa, die damals eine mehrwöchige Schiffsreise war, gab es unter andrem einen Stop in Honkong. Dort fand meine Mutter einen wunderschönen Kleiderstoff. Schwere chinesische Seide. Sie konnte ihre Mutter förmlich vor sich sehen: in einem wunderschönen Kleid, aus eben diesem Stoff genäht. Vorfreudig kaufte sie einen Ballen davon und gleich einen zweiten, andersfärbigen, für sich selbst dazu.

Die ganze weitere Heimreise über war meine Mutter schon voller Aufregung. Stellte sich vor, wie das Kleid für ihre Mutter wohl werden würde, wie sehr sich diese freuen würde und wie sie beide gemeinsam in ihren neuen Kleidern aus den schönen Stoffen spazieren gehen würden.

Erzählt hat mir meine Mutter diese Geschichte, als ich vor drei Jahren überlegte, was ich zu meiner Hochzeit anziehen würde.

Da öffnete sie die Truhe, holte diese beiden Stoffballen hervor und meinte, ich könne mir ja daraus was nähen lassen.
So lagen also diese prächtigen Stoffe vor mir: der eine in einem silbrigen Grundton, über und über mit wunderschönen Phantasievögeln bestickt. Der zweite mit ähnichen Motiven, aber in einem kühlen Petrol-Blau als Grundfarbe. Beide von einer beinah märchenhaften Schönheit und Eleganz, irgendwie ein wenig an die Märchen aus Tausend-und-Einer-Nacht erinnernd.
Und beide waren unberührt.

Warum ist denn aus den Kleidern für Dich und Deine Mutter nichts geworden, fragte ich meine Mutter.
Naja, es hätte sich nicht ergeben.
Ankunft nach den 4 Jahren zu Hause, gleich darauf verlieben, heiraten, Kind – so schnell kann das gehen.
Und dann war ihre Mutter plötzlich tot, die Gelegenheit war vorbei.
Viel zu früh und viel zu schnell.

Meine Hochzeit wäre eine perfekte Gelegenheit gewesen, diese schönen Stoffe angemessen zu verwenden. Jedoch stehen mir kühle Farben nicht besonders, ich habe schliesslich in Rot geheiratet.

Jetzt ist meine Mutter seit ca. einem Jahr tot.
Ich glaube nicht, dass ihr Leben besonders glücklich war.
Und ich fürchte mich schon jetzt vor dem Moment, in dem ich die Truhe öffne und diese unberührten Stoffballen wieder finde.

Montag, 11. August 2008

Wieder einmal eine Lebenslektion: Das Leben ist zum Kotzen, oder?

Sass ich mit der Gutesten in einem Lokal bei einem Bier, als neben uns ein sehr junges, offensichtlich stockbetrunkenes Mädchen Platz nahm.
Es war ihr anzusehen, dass sie sich sterbensehlend fühlte und es dauerte auch nicht lange, bis sie sich übergab. Mitten im Lokal, auf den Parkettboden. Platsch. Und richtig grauslich. Unsere Gedanken und Kommentare waren zwar schon irgendwie mitfühlend, aber trotzdem ziemlich vorwurfsvoll. „Bis zum Klo hammas immer noch geschafft.“, zum Beispiel, und „Also, das find ich echt rücksichtslos, mitten im Lokal…“
Das Mädel ist dann irgenwann gegangen, natürlich ohne ihre Hinterlassenschaft zu beseitigen.
Angeekelt haben wir einen Sessel drüber gestellt, damit keiner reinsteigt und sind abgerückt.

Nach einigen Minuten kam die Wirtin mit Kübel und Aufwischmob und hat sich ohne viel Aufhebens ans Saubermachen gemacht.
Unsere Kommentare wie zB. „Echt ärgerlich, sowas.“ nahm sie lächelnd / schulterzuckend entgegen, während sie emsig weiter arbeitete und meinte: „Is net so schlimm. Wenigstens is’ frisch und stinkt no net. Wirklich schlimm sind die angekackten Klos.“
Wischte dann gut gelaunt noch trocken, rückte die Sessel zurecht und alles war, als ob nichts geschehen wär.

Von dieser Wirtin kann ich echt was lernen.

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